CSRD: Welche Handlungsoption hat die EU?

CSRD: Welche Handlungsoption hat die EU?

Zu Beginn des Jahres 2025 gibt es in Deutschland intensive Diskussionen über die EU-Richtlinie zur Nachhaltigkeitsberichterstattung (Corporate Sustainability Reporting Directive CSRD). Es gibt zahlreiche Änderungsvorschläge. Was bewirken sie? Und wie sähe die politische Umsetzung aus?

Laut CSRD hätten die großen börsennotierten Unternehmen in Deutschland bereits über 2024 nach dieser Richtlinie berichten sollen. Da Deutschland die EU-Richtlinie nicht fristgerecht umgesetzt hat, gilt in Deutschland zunächst die bisherige Berichtspflicht nach CSR-RUG weiter. Die Mehrheit der EU-Mitgliedstaaten hat die CSRD aber fristgerecht in nationales Recht umgesetzt.

Die EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat Anfang November 2024 auf dem Gipfel in Budapest eine Reduktion der Berichtspflichten um 25% angekündigt, ohne näher auszuführen, wie sie sich das konkret vorstellt. Dieselbe pauschale Forderung hatte sie bereits vor der Konsultation des Entwurfs der ersten übergreifenden ESRS (European Sustainability Reporting Standards) Anfang 2023 geäußert, damals aber eher marginale Änderungen am Entwurf der EFRAG vorgenommen. Für den 26.02.2025 hat die Kommission angekündigt, einen konkreten Vorschlag zum so genannten Omnibus-Verfahren vorzulegen.

Rückblick: Ursprüngliche Zielsetzung der CSRD

Im Rahmen des Green Deal auf EU-Ebene wurde die bestehende Berichtspflicht zu Nachhaltigkeitsthemen (NFRD) erweitert. Wie üblich auf EU-Ebene gab es zu Beginn des Gesetzgebungsverfahrens zur CSRD ein Business Impact Assessment und eine klare Zielsetzung, was mit der CSRD erreicht werden soll: „Mit dieser Initiative soll sichergestellt werden, dass Unternehmen, von denen die Nutzer nicht-finanzielle Informationen benötigen, diese Informationen melden und dass die gemeldeten Informationen relevant, vergleichbar, zuverlässig sowie leicht zugänglich und nutzbar sind. Außerdem sollen unnötige Kosten für die Ersteller der Informationen reduziert werden. Indem er Investoren in die Lage versetzt, die Nachhaltigkeitsrisiken und -auswirkungen von Investitionen besser zu bewerten, wird er private Finanzmittel zur Unterstützung des Europäischen Grünen Deals mobilisieren. Sie trägt zur Vollendung der Kapitalmarktunion bei, indem sie Investoren den Zugang zu vergleichbaren nichtfinanziellen Informationen von Unternehmen in der gesamten EU ermöglicht. Außerdem wird sie den Gesellschaftsvertrag zwischen Unternehmen und Gesellschaft stärken, indem sie die Unternehmen für ihre Auswirkungen auf Gesellschaft und Umwelt stärker in die Verantwortung nimmt.“

Kritik an der CSRD aus Deutschland

Die Ziele der CSRD geraten in Deutschland immer mehr aus dem Blick der Politik. Nicht mehr der Schutz der Investoren vor Anlagerisiken, die Mobilisierung privaten Kapitals für die Transformation oder auch der einheitliche Berichtsrahmen, der den Unternehmen die Beantwortung von zig unterschiedlichen Fragebögen erspart, stehen im Vordergrund. Stattdessen sitzen immer mehr Personen in Deutschland dem Narrativ der CSRD als „Bürokratiemonster“ auf. Damit soll auch das politische Versagen in Deutschland verschleiert und einem Normenkontrollverfahren mit Strafzahlung entgegengetreten werden.

Gerne diskutiere ich darüber, ob der von EFRAG gewählte Prozess meinem Ideal eines offenen Multistakeholderprozesses entsprach (tat es nicht) und ob jeder der verpflichtenden Datenpunkte Sinn macht. Aber pauschale Forderungen nach 25% Reduktion werden der Komplexität des Themas nicht gerecht und haben die ursprüngliche Zielsetzung aus dem Auge verloren.

Politische Handlungsoptionen auf EU-Ebene

Aktuell steht die Kommissionspräsidentin mit dem Versprechen im Obligo, die Berichtspflichten um 25% zu reduzieren. Nicht alle aktuell diskutierten Vorschläge zahlen auf dieses Ziel ein.

Es gibt Änderungen an Richtlinien und Verordnungen (CSRD und EU-Taxonomie-Verordnung), die im Rahmen einer Novellierung von EU-Parlament und Ministerrat bestätigt werden müssten. Hier müsste die Kommission den Vorschlag entwerfen, hätte den weiteren Prozess aber nur noch bedingt in der Hand. Polen als aktuelle Ratspräsidentschaft hat die CSRD Ende 24 noch umgesetzt. Daher wird das Thema auch dort nicht oben auf der Agenda stehen.

Zudem gäbe es die Möglichkeit der Änderung in den delegierten Rechtsakten (ESRS und Technische Bewertungskriterien EU-Taxonomie). Hier würde die Kommission einen konkreten Vorschlag machen, ihn mindestens vier Wochen einer öffentlichen Konsultation unterziehen und den delegierten Rechtsakt dann in geänderter Form veröffentlichen.

  1. Reduktion der Berichtspflichten

Eine wirkliche Reduktion der Berichtspflichten würde man nur durch Änderungen bei den übergreifenden ESRS und den Technischen Bewertungskriterien Taxonomie erreichen.

Die einfachste Option wäre es, alle freiwilligen Datenpunkte in den ESRS („May“) ersatzlos zu streichen. Das entspräche 25% der Datenpunkte. Da die meisten Unternehmen diese heute bereits ausblenden, weil nicht verpflichtend, wäre damit ein politisches Signal gegeben, wodurch sich für die Unternehmen aber nichts ändert. Wer die EU kennt, weiß leider sehr gut, dass so etwas nicht auszuschließen ist.

Sollten darüber hinaus heutige Pflichtangaben gestrichen werden, müsste es in Absprache mit EFRAG einen entsprechenden Vorschlag geben, der dann nach öffentlicher Konsultation und anschließender Anpassung wirksam würde. Dazu müsste es eine klare Zielsetzung geben, in welche Richtung die Änderungen erfolgen sollen. Und es wäre begrüßenswert, wenn in diesem Prozess der Multistakeholderansatz der EFRAG erweitert würde.

Wer sich an die Diskussionen von taxonomie-fähigen und taxonomie-konformen Wirtschaftstätigkeiten insbesondere bei Erdgas und Atom erinnert, vermutet vermutlich ebenso wie ich, das grundlegende Änderungen hier eher kontrovers diskutiert würden.

  1. Reduktion der Anzahl der berichtspflichtigen Unternehmen

Durch eine Änderung der Definition der berichtspflichtigen Unternehmen würde die Zahl der Betroffenen geringer werden. Laut Business Impact Assessment der EU-Kommission fallen unter die bisherige Definition etwa 50.000 Unternehmen in der EU. Für die weiterhin berichtspflichtigen Unternehmen reduziert sich jedoch nichts.

Eine Änderung kann nur durch eine Novellierung der CSRD in Artikel 19 erfolgen. Da die Mehrheit der EU-Mitgliedstaaten die CSRD bereits in nationales Recht überführt hat, ist es fraglich, ob die notwendigen Mehrheiten im Ministerrat zustande kommen.

Man könnte die Zahl der nach EU-Taxonomie-Verordnung berichtspflichtigen Unternehmen reduzieren, in dem man im Rahmen einer Novellierung die automatische Verknüpfung zwischen CSRD- und EU-Taxonomiepflicht in Artikel 8 der EU-TaxonomieVo abändert. Die Banken stellen bereits die Sinnhaftigkeit der EU-Taxonomie als Steuerungsinstrument außerhalb der Branchen Automotive, Energie und Immobilien in Frage. Wenn die eigentliche Zielgruppe die Information nicht nutzt, sollte man sich fragen, ob der Aufwand notwendig ist.

  1. Verschiebung der Berichtspflicht

Auch eine Verschiebung der Berichtspflicht verringert die Berichtspflicht nicht. Es gibt den betroffenen Unternehmen nur mehr Zeit, sich vorzubereiten und von den bereits berichtspflichtigen Unternehmen zu lernen.

Eine Verschiebung der Berichtspflicht könnte man sowohl durch eine Novellierung als auch durch eine Änderung der ESRS im Rahmen einer Konsultation erreichen. Entweder es müsste die erstmalige Prüfpflicht der Nachhaltigkeitserklärung im Lagebericht durch eine Novellierung geändert werden. Oder aber die Anlage C zum ESRS 1 „schrittweise eingeführte Angabepflichten“ wird deutlich erweitert und die Fristen verlängert.

Fazit

Die ursprüngliche Zielsetzung der CSRD und die Chancen der CSRD für die Zukunftsfähigkeit von Unternehmen sollten wieder stärker in den Fokus rücken. Wenn jetzt Änderungen an den Berichtspflichten vorgenommen werden, sollte es kein Placebo wie die Streichung der freiwilligen Angaben sein. Aufgrund des Zeitdrucks werden Änderungen an den delegierten Rechtsakten vermutlich gegenüber Novellierungen von der Kommission bevorzugt. Spätestens am 26.02. sehen wir, welche Ideen die Kommission hat.

Kreislaufwirtschaftsstrategien: Rohstoffversorgung sichern

Kreislaufwirtschaftsstrategien: Rohstoffversorgung sichern

In Brüssel und Berlin arbeitet man daran, die gesetzlichen Anforderungen an Unternehmen zur Kreislaufwirtschaft auszuweiten. Dabei geht es nicht mehr nur darum, Abfälle umweltgerecht zu entsorgen. Es geht darum Rohstoffe zu sichern. Und das beginnt beim Produkt-Design!

Steigende Rohstoffpreise waren schon immer ein Motor für Unternehmen ressourcenschonender zu produzieren. Aber spätestens die Pandemie und die Ukrainekrise haben uns gezeigt, dass es noch größere Herausforderungen für Unternehmen als steigende Preise gibt: Engpässe in den Lieferketten, die dafür sorgen, dass die Produktion stillsteht. Umso wichtiger ist es, die in der EU vorhandenen Ressourcen zu erhalten und möglichst im Kreislauf zu nutzen.

Nationale Kreislaufwirtschaftsstrategie: Dialogprozesse bis Anfang 2024

Im Frühjahr 2023 hat die Bundesregierung den Startschuss für die Nationale Kreislaufwirtschaftsstrategie (NKWS) gegeben. Auf der Plattform des Bundesministeriums für Umwelt und Verbraucherschutz (BMUV) finden Sie weitergehende Informationen.

Die Grundlage dafür ist die Vereinbarung im Koalitionsvertrag: „Wir haben das Ziel der Senkung des primären Rohstoffverbrauchs und geschlossener Stoffkreisläufe. Hierzu passen wir den bestehenden rechtlichen Rahmen an, definieren klare Ziele und überprüfen abfallrechtliche Vorgaben. In einer „Nationalen Kreislaufwirtschaftsstrategie“ bündeln wir bestehende rohstoffpolitische Strategien.“

Insbesondere bei kritischen Rohstoffen sollen durch möglichst langen Ressourcenerhalt und Kreislaufführung die deutsche Wirtschaft Schritt für Schritt unabhängiger von Rohstoffimporten und damit die Resilienz der deutschen Wirtschaft gestärkt werden. Bis Anfang 2024 sollen in acht Runden Tischen die Strategie und davon abgeleitete Maßnahmen entwickelt werden.

„Unternehmen der mit Priorität behandelten Branchen ITK & Elektrogeräte, Bekleidung & Textilien, Fahrzeuge & Batterien, Erneuerbare Energieanlagen und Gebäude sollten sich aktiv in den Dialog einbringen – entweder direkt oder über die Branchenverbände. Hier werden die Grundlagen für zukünftige Gesetzgebung gelegt,“ erklärt Marion Sollbach. „Damit Regelungen pragmatisch umsetzbar sind und vor allem auch die Rohstoffsicherung der Unternehmen wirklich stärken, braucht es die Sicht der betroffenen Unternehmen.“

Aktionsplan für Kreislaufwirtschaft im Rahmen des EU Green Deals

Bereits einige Schritte weiter ist die Europäische Union. Sie ist das Thema in den vergangenen Jahren mit dem Green Deal systematisch angegangen. Eines ihrer Ziele ist es, das Wachstum von der Ressourcennutzung zu entkoppeln. Um dieses Ziel zu erreichen, hat sie einen Aktionsplan für Kreislaufwirtschaft verabschiedet. Der Plan enthält Vorschläge für eine nachhaltigere Produktgestaltung und zielt darauf ab, das Abfallaufkommen zu verringern und den Verbraucherschutz zu stärken. Der Schwerpunkt wird auf ressourcenintensive Bereiche wie Elektronik und ITK, Batterien und Fahrzeuge, Lebensmittel, Verpackungen und Kunststoffprodukte, Textilien und Bauwesen gelegt.

Eine ganze Reihe neuer und Verschärfung bestehender Gesetze setzen den Aktionsplan in konkrete Anforderungen an die Unternehmen um:

  • Mit einer Verpackungsverordnung anstelle der bisherigen Richtlinie werden europaweit einheitliche Anforderungen an die Vermeidung und Verwertung von Verpackungen geschaffen. Instrumente sind beispielsweise verpflichtende Mehrwegsysteme für Getränkeverpackungen aus Kunststoff und Aluminium, Vorgaben zur Recyclingfähigkeit und zum Einsatz von Rezyklaten und eine verbesserte Verbraucherinformation.
  • Die Ökodesign-Verordnung für nachhaltige Produkte schafft neue Anforderungen, damit Produkte nachhaltiger werden. Sie sollen wiederverwendet, nachgerüstet und repariert, leichter gewartet, aufgearbeitet oder recycelt werden können und energie- und ressourceneffizient gestaltet werden. Zudem soll der Umwelt-Produktpass dafür sorgen, dass die Umweltauswirkungen klar erkennbar sind.

Über ihre Erfolge für mehr Kreislaufwirtschaft müssen die Unternehmen in Zukunft im Rahmen der Nachhaltigkeitsberichtspflicht (CSRD) und der EU Taxonomie (EUT) im Lagebericht Transparenz schaffen. Unternehmen der Schwerpunktbranchen des Aktionsplans müssen über die eingesetzten Rohstoffe, den Anteil Rohstoffe aus erneuerbaren Quellen wie beispielsweise Bioplastik und den Anteil an eingesetztem Recyclingmaterial berichten.

marionsollbach consulting – Ihre erfahrene Partnerin für mehr Nachhaltigkeit

Auf Ihrem Weg zu mehr Nachhaltigkeit begleite ich Sie. Gemeinsam setzen wir die gesetzlichen  Anforderungen um, entwickeln wir Nachhaltigkeitsmaßnahmen, die maßgeschneidert für Ihr Unternehmen sind und kommunizieren darüber klar und transparent.

Nachhaltigkeit ist mein Thema und meine Kompetenz. Was für Sie besonders wichtig ist: Ich weiß, was Unternehmen benötigen. Mit mir gewinnen Sie eine Praktikerin mit 20 Jahren Umsetzungserfahrung in Konzernen und Unternehmen. Ich unterstütze Sie dabei, Ihre gesetzlichen Pflichten zu erfüllen und gleichzeitig die sich daraus ergebenden Chancen für Ihren Erfolg zu nutzen: Bei Ihren Kunden, Ihren Investoren und Ihren Mitarbeitenden. Ich bin für Sie da ms@marionsollbach.com.